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Rückblick 2019

Ein gutes Jahr für Weißstörche - 2019 gab es mit 157 ausgebrüteten Jungvögeln so viel Storchennachwuchs wie seit 75 Jahren nicht mehr!

Insgesamt haben die 63 erfolgreichen Paare 157 Junge aufgezogen – 11 Paare und 43 Junge mehr als 2018. Nur zehn Paare blieben ohne Nachwuchs. Das ist ein sehr geringer Anteil. Mit 2,15 Jungen pro Paar wurde ein Höchstwert erzielt. Normalerweise werden in der Region im Mittel etwa 1,8 Junge flügge.

Wieder kamen die „Westzieher“ schon ab Anfang Februar zurück. Unter ihnen waren auch die Brutstörche, die im Winter 2017/18 zurück geblieben waren aber nach der Brutsaison 2018 doch wieder weggezogen waren. Vermutlich waren sie nicht weit weg, sondern haben die Wintermonate im mitteleuropäischen Raum an ihnen bekannten „Futterstellen“ wie Tiergehegen, Zoos oder Pflegestationen verbracht. Bis Mitte März waren die „Westzieher“ auf den Nestern. Ihr Anteil an der Regionspopulation wächst weiter. Die Gruppe der „Ostzieher“, die den Winter in der Sahelzone verbracht hatten, kam ab dem 20. März zurück. Auffällig war in diesem Jahr, dass es wieder einmal eine größere Anzahl von „Ostziehern“ gegeben hatte, die bis ins südliche Afrika gezogen waren. Sie trafen wegen des längeren Rückweges erst Ende April/Anfang Mai ein. Zu diesem Zeitpunkt waren fast alle Vorjahresnester besetzt. Die Spätankömmlinge mussten um Nistplätze kämpfen oder neue Nester bauen. Auffällig viele Kämpfe hat es im Stadtgebiet von Wunstorf gegeben.Die Anzahl der Brutpaare in der Region ist 2019 nochmals auf nunmehr 73 gestiegen. Das ist ein Zuwachs um fast 15 Prozent in einem Jahr, was populationsbiologisch gesehen beachtlich ist. Zu Neugründungen kam es in Luttmersen, Mesmerode (2. Nest), Kolenfeld (2. Nest), Horst, Ditterke und Dolgen. Längere Zeit verwaiste Nester und Nisthilfen in Suttorf, Wilkenburg, Döhren (2. Nest) und Schillerslage waren erneut besetzt. Auf der Dollbergener Kirche gab es nach einer Unterbrechung von 16 Jahren eine erfolgreiche Brut. In historischer Zeit hat es in der Region nie so viele Störche gegeben. Die Nester befinden sich mehrheitlich in den Niederungen der Leine und ihren Nebengewässern. Erkennbar ist auf der Verbreitungskarte, dass es in länger unbesie-delten Bereichen, wie zum Beispiel im Calenberger Land, auch wieder Störche gibt. Bedingt durch die unterschiedlichen Ankunftszeiten erstreckte sich die gut zweimonatige Nestlingszeit der Jungen von Ende April bis in den August hinein. Die Frühbrüter hatten im Mai mit relativ niedrigen Temperaturen und kaltem Wind zu tun.

Weißstörche in der Region Hannover 2019: Höchststand seit 75 Jahren  (Roswitha Löhmer-Eigener)

Da es keinen (Dauer-) Regen gab, blieben witterungsbedingte Verluste gering. Alle Brutpaare mussten in der Saison mit dem Defizit an Regen zurechtkommen. Die Wasserversorgung für die Jungen zum Tränken und Abkühlen, aber auch für die Eigen-versorgung war im Allgemeinen aber kein Problem dank der vielen Gartenteiche im Siedlungsbereich. Regenwürmer, die sonst ein zentraler Nahrungsfaktor bei der Jungenaufzucht sind, standen durch die Trockenheit kaum zur Verfügung. Das Nahrungsan-gebot war aber dennoch optimal, vor allem durch die explosionsartige Massenvermehrung der (Feld-) Mäuse. Gute Mäusejahre sind auch beim Weißstorch bekanntermaßen gute Nachwuchsjahre. Im Sommer kamen als Nahrung neben den Großinsekten noch die Heuschrecken dazu. Sie wurden in großer Anzahl von den Grashalmen abgesammelt und verfüttert.

In den Nachbarkreisen der Region gab es ähnliche Brutergebnisse. 2019 sind in Niedersachsen und Bremen 1.133 Brutpaare gezählt worden, die 2.463 Junge aufgezogen haben. Damit folgt die regionale Population dem allgemeinen Trend der „Westzieher“. Bei den „Ostziehern“ überwiegen dagegen Stagnation oder auch leichte Rückgänge im Bestand. Nach wie vor sind die Gründe für diese Entwicklung nicht vollständig geklärt. Sie steht im Widerspruch zum überwiegend negativen Trend im Artenspektrum und passt nicht wirklich zur ökologischen Qualität des heimischen Kulturraumes. Mögliche Erklärungen sind: Der Weißstorch ist mit Blick auf seine Ernährung ein „Generalist“. Er nutzt alle auch sehr spontan auftretenden Nahrungsquellen. Er ist ausgesprochen anpassungsfähig. Die westziehende Population fliegt heute kaum noch über Gibraltar hinaus und „erspart“ sich die gefährlichen Flüge über die West-Sahara. Mehrheitlich verbleiben sie im Winter auf der iberischen Halbinsel. Damit sind ihre Zugwege kürzer und logischerweise auch die Verluste geringer.Weiterhin gibt es deutliche Veränderungen in der (Brut-) Biologie. Immer mehr junge Störche ver bleiben in den ersten Lebensjahren nicht mehr in Westafrika oder Iberien, sondern kehren schon als Ein- und Zweijährige im Frühjahr mit ihren älteren Artgenossen in ihre Geburtsgebiete zurück. Einige von ihnen verbringen bei uns als Nichtbrüter in kleinen und größeren Trupps den Sommer. Solche Trupps waren 2019 ganz besonders auffällig im Leinetal von Laatzen bis Neustadt zu beobachten. Andere brüten bereits, oder zeigen als „Verlobungspaare“ schon Ansätze von Brutverhalten und bauen neue Nester, unter anderem in Resse. Die Zahl der Zweijährigen, die ernsthaft und durchaus auch erfolgreich brüten, nimmt zu. Die Brutpopulation wird jünger.Der sprunghafte Zuwachs an Störchen kommt unerwartet. Mit Blick auf die „Storchfähigkeit“ des heimischen Lebensraumes wird sich zeigen, ob etwa auch der starke Jahrgang 2019, der spätestens ab 2021 zurückkommen wird, hinreichend Platz finden wird. Nicht in jedem Jahr ist mit einer Massenvermehrung der Mäuse zu rechnen! Es ist davon auszugehen, dass die Auseinandersetzungen um Brutplätze und Lebensraum zunehmen werden und sich auf diesem Wege der Brutbestand einregeln wird.

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