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Die Weißstorch-Brutsaison 2011

Als es 1988 im Gebiet der Region Hannover nur noch acht Storchenpaare gab, hat niemand geglaubt, dass sich der Bestand jemals erholen könnte. 2011 gehen 30 Paare in die Brutstatistik ein, sechs mehr als im vergangenen Jahr. In der Region brüteten damit wieder genau so viele Störche wie 1958! Bei der Suche nach den Ursachen für diese Entwicklung ist festzuhalten, dass es nicht an Verbesserungen im heimischen Brutgebiet liegen kann. „Storchfähiger“ Lebensraum ist nach wie vor rar. Die Störche sind im Wesentlichen an das Grünland in den Talauen der größeren und kleineren Fließgewässer in der Region gebunden. Die Paare sind hier sichtbar näher zusammengerückt. Der Hauptgrund für die Bestandserholung ist auf den seit zwei Jahrzehnten zu beobachtenden positiven Trend der Westzieher zurückzuführen - d.h. auf die Störche, die auf ihrem Wege in die Winterquartiere in Richtung Gibraltar orientiert sind. Sie haben in Spanien, aber auch in Westafrika (vorübergehend?) günstigereLebensbedingungen und damit geringere Verluste im Winter. Die Folge ist, dass mehr West ziehende Störche in ihre Brutgebiete zurückkommen und die heimische Population sichtbar stärken.

Rückkehr und Horstbesetzung

Nach zwei Jahren mit artgemäßem Zugverhalten haben in Bokeloh der 15-jährige Storch aus dem Kreis Minden-Lübbecke und seine 12-jährige Partnerin aus dem Elsass den strengen Winter doch wieder vor Ort verbracht. Sie haben sich bei Schnee und Starkfrost vornehmlich von Abfällen auf der Kolenfelder Deponie ernährt. Sie waren die einzigen Überwinterer in der Region Hannover. Die Westzieher trafen von Mitte Februar bis Mitte März ein (1. Storch am 14.02.11 jeweils in Idensen und Wulfelade). Sie machen inzwischen mehr als 40 Prozent aller Brutvögel aus. Die Rückkehr der Ostzieher erfolgte in diesem Jahr ab der letzten Märzdekade und zog sich bis Ende April hin. Die letzten Brutstörche kamen am 29.04.11 in Isernhagen HB und Steinwedel an. Ende April waren 30 Nester mit Paaren besetzt – sechs Paare mehr als 2010. Neugründungen gab es nach z.T. jahrzehntelanger Pause in Steinhude, Frielingen und Wilkenburg. Hier waren die letzten erfolgreichen Bruten 1965, 1997 bzw. 1973. In Isernhagen HB und Steinwedel geben die langjährigen Aufzeichnungen gar keine Auskunft darüber, wann es hier letztmals Störche gegeben hat. Im Hastbruch hielten sich auch zwei Störche den Sommer über auf, ohne allerdings ernsthaft zu brüten. Vermutlich waren es jüngere Vögel am Übergang zur Brutreife, die normalerweise ab dem 3. Lebensjahr einsetzt. In der Population treten allerdings seit einigen Jahren vermehrt auch zweijährige Brutvögel auf. Es gab aber auch unbesetzte Nester wie in Obershagen und Eltze. Unerklärlich ist, warum das Nest auf der Kirche in Dollbergen jetzt im 8. Jahr unbesetzt geblieben ist, da die Fuhseniederung ein absolut „storchfähiger“ Lebensraum ist. In der Südlichen Leineaue blieben das nördliche Mastnest in den „Wülfeler Wiesen“ und das Nest in der Kastanie in Alt-Laatzen ebenfalls unbesetzt. Beobachtungen deuten darauf hin, dass interessierte Artgenossen von den Nachbarn nicht geduldet wurden. Das Paar, das später in Wilkenburg gebrütet hat, ist dort vertrieben worden. Zu erwähnen ist noch, dass schon ab Mai Nichtbrüter-Trupps in größerer und kleiner Anzahl zu beobachten waren. Bis zu 18 Störche hielten sich ab Ende Mai über längere Zeit auf dem Poloplatz bei Langenhagen-Maspe auf. Solche Nichtbrüter sind früher im Sommer selten bis in ihre Geburtsgebietevorgedrungen, sondern haben in Afrika oder Südeuropa übersommert. Sie sind potentielle Brutvögel und sind damit eine wichtige Reserve für die Population.

Brutverlauf und Bruterfolg

Die früh heimkehrenden Westzieher haben teilweise wieder Ende März / Anfang April mit der Brut begonnen. Entsprechend früh sind dort nach 30 bis 32 Tagen Ende April bis Anfang Mai die ersten Jungen geschlüpft – zu einem Zeitpunkt, als in anderen Nestern das Gelege gerade vollständig war oder aber die Gründung erst vollzogen wurde. Entsprechend versetzt sind dann die Jungen ausgeflogen – die ersten Anfang, die Mehrzahl Ende Juli und einige wie die beiden Jungstörche aus Steinwedel erst im August. Nur drei Paare sind ohne Bruterfolg geblieben. In Isernhagen HB hat das Paar offensichtlich keine Eier gelegt. In Blumenau ist die Brut aus unbekannten Gründen früh gescheitert und in Wilkenburg, hat das Paar das Nest und seine drei Eier Anfang Juni aus unbekannten Gründen (fluchtartig?) verlassen. 27 Paare haben erfolgreich gebrütet. Fünf haben jeweils nur einen Jungstorch aufgezogen, acht Paare zwei. Da davon auszugehen ist, dass jeweils „um die 4 Eier“ gelegt worden waren und auch eine entsprechende Anzahl an Küken geschlüpft sein wird, muss es Verluste im Nest gegeben haben. Mit Blick auf den Witterungsverlauf ist anzunehmen, dass die Altstörche wegen der Trockenheit von Mitte März bis Mitte Juni Probleme hatten, ausreichend „kükengerechte“ Nahrung, vor allem Regenwürmer zu finden. Kümmernde Junge werden aus Gründen der Nesthygiene abgeworfen oder auch verschluckt (Kronismus). In zehn Nestern gab es drei und in vier Nestern sogar vier ausfliegende Jungstörche (Bokeloh, Schloß Ricklingen, Luthe, und Arpke). Diesen sehr guten Nachwuchs hat es vor allem bei älteren, bruterfahrenen Paaren gegeben. Er war aber wohl auch dadurch bedingt, dass im Juni die Feldmaus als Beutetier wieder in größerer Zahl zur Verfügung stand. Insgesamt sind 67 Jungstörche in den Nestern der Region groß geworden. Im Vorjahr waren es 58. Mit mehr als 2,2 Jungen pro Paar (langjähriges Mittel 1,8) ist jetzt schon im 2. Jahr hintereinander ein sehr gutes Ergebnis erzielt worden. Das lässt für die Zukunft hoffen. Bis auf weiteres scheint der Bestand gesichert zu sein. Allerdings dürfen die Bemühungen des Naturschutzes um den Erhalt und die Wiedergewinnung von Grünlandflächen in der Kulturlandschaft nicht nachlassen.

Dr. Reinhard .Löhmer

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