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Die Weißstorch - Brutsaison 2010 in der Region Hannover

Vorbemerkung

Mit 24 Brutpaaren ist die Anzahl der Nester im Vergleich zum Vorjahr gleich geblieben. Deutlich größer war der Bruterfolg. Es gab in allen Nestern Nachwuchs, was in den vergangenen 42 Jahren nur dreimal vorgekommen ist. Es sind 58 Junge ausgeflogen, 17 mehr als 2009. Wesentliche Ursache für diese sehr gute Reproduktion war das Massenvorkommen der Feldmaus und damit eine günstige Ernährungssituation.

Rückkehr und Horstbesetzung

Erstmals gab es in der Region Hannover keine Winterstörche mehr. Der erste „Westzieher“ tauchte bereits am 22. Februar in Stelingen auf, obwohl die seit Weihnachten anhaltende Kälteperiode noch nicht vorbei war. Bis zum 1. März waren schon 40 Prozent aller Brutvögel am Brutplatz, weitere 10 Prozent folgten bis zum 20. März. Diese Störche gehörten mit größter Wahrscheinlichkeit zum West ziehenden Teil der Population. Viele von ihnen werden auf der iberischen Halbinsel und nicht im westafrikanischen Raum überwintert haben. Die zweite Hälfte der Brutpopulation ist ab der letzten Märzdekade eingetroffen. Sie gehören zu den „Ostzieher“, die im Osten Afrikas im Raum zwischen dem Tschad/Sudan und Südafrika überwintern. Der letzte Brutstorch traf am 3. Mai auf dem Nest in Brase ein.

In der Südlichen Leineaue blieben das nördliche Mastnest in den „Wülfeler Wiesen“  und die Kastanie in der Kleingartenkolonie „Kälberwiesen“ unbesetzt, ebenso der Horst in Obershagen. Diese Ausfälle wurden aber kompensiert durch die Bruten in Burgdorf, Mecklenhorst und Brase.

Herkunft der Brutstörche

Etwas mehr als ein Drittel aller Brutstörche war beringt. Der älteste Ringträger war mit 15 Jahren das Männchen in Bokeloh. Dieser Storch ist an der Weser im Kreis Minden-Lübbecke geboren und brütet seit 2001 in Bokeloh. Besonders „frühreif“ war die jüngste Störchin der Region Hannover in Niedernstöcken, die 2008 im Kreis Helmstedt geschlüpft war. Zweijährig brüten Störche nur ausnahmsweise.

Die Herkunft der Ringträger ist sehr heterogen und auch international. Sieben von ihnen sind im Umfeld von bis zu 80 Kilometern geboren. Die übrigen 11 hat es aus größerer Entfernung und aus allen Himmelrichtungen in die Region „verschlagen“. Der 12-jährige „Elsässer“  in Wulfelade weist mit ca. 470 km die größte Distanz auf zwischen Geburts- und Brutort, gefolgt von der „Elsässerin“ in Bokeloh und dem Storch aus Flandern in Grasdorf.

Brutverlauf und Bruterfolg

Die Besetzung der Horste zog sich von Ende Februar bis Anfang Mai hin. Entsprechend variabel war auch der Brutverlauf. Während in den Nestern einiger „Westzieher“ Ende April bereits Junge geschlüpft waren, waren viele „Ostzieher“ noch dabei, ihre Gelege zu vervollständigen oder zu brüten.

Grundsätzlich entscheiden über den Bruterfolg eines Paares die Witterung, das Nahrungsangebot sowie die biologische Fitness der beiden Partner. Die Monate Mai und Juni waren eher ungünstig. Es gab zu wenige Niederschläge. Damit standen die für die Frühphase der Jungenaufzucht so wichtigen Regenwürmer nur begrenzt zur Verfügung. Weiterhin war es vor allem nachts mit Temperaturen unter + 10° C vielfach zu kühl. Kälte und Nässe führen bekanntermaßen zu Verlusten bei den exponiert sitzenden Jungstörchen. Überall dort, wo nur ein oder zwei Junge ausgeflogen sind (5 bzw. 9 Nester, s. Karte), haben vermutlich ein bis zwei Geschwister nicht überlebt.

Trotzdem war 2010 für die Regionsstörche ein sehr gutes Jahr. Alle 24 Paare haben  Nachwuchs gehabt und wenigstens einen Jungvogel aufgezogen. Das hat es in den vergangenen 42 Jahren nur dreimal gegeben hat (1974, 1987, 1998). Es gab fünf Nester, in denen drei Junge flügge geworden sind. In fünf Nestern schafften es sogar vier Junge (Dedenhausen, Grasdorf, Wülfel, Luthe, Idensen). Die vergleichsweise hohe Reproduktion mit 2,42 Jungen pro Brutpaar (langjähriges Mitte 1,76) stand im Zusammenhang mit dem diesjährigen  Massenvorkommen der Feldmaus, die von Mai bis Juli in hoher Anzahl zur Verfügung stand. Erfahrungsgemäß gibt es bei uns in „Mäusejahren“ immer mehr Jungstörche, weil dann nämlich auch die Nesthäkchen ausreichend mit Nahrung versorgt werden können.

Die diesjährige Reproduktion trägt zur Stabilisierung des Storchenbestandes bei – vorausgesetzt, es bleibt der Lebensraum erhalten. Die Karte zeigt deutlich, dass die Störche in der Region überwiegend in den Talauen der Fließgewässer vorkommen und vor allem das Leinetal besiedeln. An dieser Verteilung erkennt man, dass für den Storch   Überschwemmungsbereiche von größter Bedeutung sind. Hier sind Wiesen und Weiden sowie Flutmulden und Gewässer die entscheidenden  Lebensraumstrukturen. Bleiben diese erhalten, wird Adebar’s Existenz gesichert werden können.

Dr. Reinhard Löhmer / 14.12.2010

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