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Pilzen gehört die Zukunft

Bald gibt es eine BUND App zur Pilzbestimmung

Ein absolutes Highlight auf dem Hubertusfest im Wisentgehege bei Springe war die sehr informative und umfangreiche Pilzausstellung der Pilzgruppe des Fördervereins des Wisentgeheges und dem BUND. Es wurden mehr als 165 Pilze gezeigt, die in nur zwei Tagen im Deister, im Hils und im Solling von der Pilzgruppe mit den versierten Pilzsachverständigen (DGfM) gesammelt wurden.

Foto: Florian Gade beim Stand der DGfM auf dem Hubertusfest

Die feuchten letzten Wochen haben überall Pilze sprießen lassen; sie sind aber nur der oberirdische Fruchtkörper eines oft riesigen Pilzmyzels, das im Wald- oder Wiesenboden, in und an Bäumen oder Totholz wachsen. Viele Pilze ernähren Bäume mit Nährstoffen, transportieren lebensnotwendiges Wasser und bekommen im Austausch Zucker für die eigene Entwicklung. Einige Pilzarten wachsen in enger Gemeinschaft mit bestimmten Bäumen: Zum Beispiel der Fliegenpilz mit Laub- oder Nadelbäumen oder der Birkenpilz mit Birken. Das für uns unsichtbare Netz der Pilzhyphen im Boden und ihre Symbiose mit den Pflanzenwurzeln wird Mykorrhiza genannt.

Foto: Fliegenpilze aus der Sammlung beim Hubertusfest

Andere Pilze gehören zu den Zersetzern; so zum Beispiel der Hallimasch, der lebende – aber oft bereits geschwächte - Bäume befällt und großen Schaden anrichten kann. Andere Zersetzer sind spezialisiert auf abgestorbenes Holz und ermöglichen, dass sich Totholz zersetzt und zu wertvollem Humus wird. Humus ist Lebensraum unzähliger Mikroorganismen, die für die Fruchtbarkeit von Böden wichtig sind. Im Humus werden Wasser und Nährstoffe gespeichert. Pilze sind daher unersetzlich wertvoll für Wald- und Wiesenböden.

Kraut- und Braunfäulepilz zerstört in wenigen Tagen alle Pflanzen

Es gibt aber auch unbeliebte Pilze: Denn viele unserer Nutzpflanzen wie Getreide, Kartoffeln, Tomaten werden von Pilzsporen befallen, die unter entsprechenden Bedingungen (Feuchte und Wärme) Mycele bilden, sich rasant ausbreiten und eine ganze Ernte zerstören können. Welche Möglichkeiten zur Pflanzenstärkung es gegen solche Schadpilze wie Phytophthora infestans - der berüchtigten Kraut- und Braunfäule - gibt, dazu wird viel geforscht. Wir wissen bereits, dass die Pilzsporen der Krautfäule, die überall in feuchten Sommern herumfliegen, nur auf Blättern mit einem relativ niedrigen pH-Wert keimen können. Entsprechend gibt es für den Biogarten bereits vorbeugende Empfehlungen. Foto: Alle Tomatenpflanzen waren nach wenigen Tagen vollständig durch die Pilze zerstört.

Wer Pilze zum Essen sammelt, sollte unbedingt ausreichend Fachkenntnisse haben, denn leider werden immer noch tödlich giftige oder unverträgliche Pilze mit essbaren verwechselt; denn nicht immer schmecken sie schlecht. Beispielsweise riecht der in unseren Regionen bereits in geringen Mengen tödlich wirkende Grüne Knollenblätterpilz nach Kunsthonig. Er soll sogar angenehm schmecken, berichten Patientinnen und Patienten, die eine Vergiftung überlebt haben. Das kann leider dazu führen, dass dieser "Knolli" mit Champignons verwechselt wird, vor allem von Menschen, die ihn aus ihrer Heimat nicht kennen. Foto: Grüner Knollenblätterpilz und andere Pilze aus der Sammlung beim Hubertusfest

Mit Pilzen lässt es sich übrigens auch gut färben, wie auf der Website der DGfM zu lesen ist. Das wurde von der Pilzgruppe an einem Stand sehr anschaulich präsentiert. Und natürlich lassen sich einige Arten der Speisepilze auch selber anziehen und ernten.

Hier zu sehen: mit sehr beeindruckenden Pilzfarben gefärbte Wolle der Pilzgruppe des Fördervereins des Wisentgeheges.

Zur nächsten Pilzsaison gibt es die Pilzbestimmungs-App

Bald hilft eine App des BUND Landesverbandes, mit der auch Laien Pilze bestimmen können. Das Projekt wurde in Kooperation mit der Leibniz Universität Hannover, Prof. Jorge Groß und der DGFM durchgeführt. Über 300 Arten oder Gattungen sind in der App vorhanden und können über Merkmale bestimmt werden. Unterstützt wird die Bestimmung durch Zeichnungen, Bilder, Steckbriefe zu den Arten und Erklärvideos. Die Erweiterung zu den Pilzen wird pünktlich zur Pilzsaison 2024 kostenlos bei der App "ID-Logics" zu finden sein. Aber auch hier gilt: „Eine sichere Bestimmung einer Pilzart ist für Laien auch mit einer App häufig nicht möglich! Insbesondere bei Speisepilzen sollte immer eine Pilzkontrolle durch einen Pilzsachverständigen (DGfM) durchgeführt werden“, erklärt Florian Gade, der für den BUND an der Entwicklung der Pilzapp zuständig ist. Hier ein Link zu einem Video einer Exkursion des BUND Landesverbandes von h1-hannover zum Thema. Foto: Hier die skurillen Herkuleskeulen aus der Sammlung

Pilzkorbkontrollen werden auch 2024 wieder von der Ökologischen Station Mittleres Leinetal (ÖSML) angeboten. Wer lieber auf Nummer sichergehen will, kann auch an geführten Wanderungen teilnehmen. Auch diese sind für 2024 geplant und werden in Kooperation mit der ÖSML und dem BUND Hannover angeboten. Wie wichtig die Pilzberatung ist, zeigt die DGfM in Publikationen auf ihrer Website unter der Suchfunktion „Knollenblätterpilze“, wie oft diese und andere extrem gefährliche Arten wie der Pantherpilze in den Sammelkörben identifiziert wurden.

Foto: Steinpilze aus der Sammlung. Sie gehören zu den begehrtesten Speisepilzen.

Junge Menschen als Expertennachwuchs für Pilze begeistern...

Vor allem aber ist es wichtig, junge Menschen für Pilze zu begeistern und Expertennachwuchs zu gewinnen, denn Pilzen gehört die Zukunft: So können Pilze DIE Baustoffe der Zukunft werden. Hier ein Link zu Baustoffen der Zukunft

Aus Pilzen können natürlich medizinische Wirkstoffe gewonnen werden. So gibt es aus der chinesischen Tradition eine ganze Reihe gesundheitsfördernder Pilze. Und wir alle kennen Penizillin, ein Antibiotikum, aus Pilzen gewonnen, dass erst in den 1940er Jahren als Heilmittel gegen schwere bakterielle Erkrankungen erfolgreich eingeführt wurde und seither Leben rettet. Aber wir kennen auch die Kehrseite zunehmender Antibiotikaresistenzen, wenn permanent Antibiotika an Menschen und Tiere verabreicht werden. Das RKI spricht allein in Deutschland von knapp 10.000 Toten im Jahr aufgrund solcher Resistenzen.

Foto: Baumpilze sind wichtiger Bestandteil der Artenvielfalt in einem Waldökosystem

In einer naturnahen, pfluglosen Landwirtschaft spielen Mykorrhizapilze für ein vitales Pflanzenwachstum eine wichtige Rolle. Arbuskuläre Mykorrhizapilze (AMF) helfen Pflanzen zudem bei der Aufnahme von Phosphat (P) und gelten als Schlüssel nachhaltiger Agrarökosysteme, zumal P ein wertvoller, begrenzter Rohstoff ist. Neue Forschungsergebnisse aus 2021/2022 haben gezeigt, dass der Einsatz von Fungiziden auf Ackerflächen die P- Aufnahme in den Ackerflächen um 43 % reduziert. (Literaturquelle)

Und dank der vielen unterschiedlichen Pilzarten mit ihrem weit verzweigten Geflecht im Boden kann ein Waldökosystem vital bleiben, was angesichts des Klimawandels von herausragender Bedeutung ist. Wenn aber die Sommer immer heißer und trockner werden leiden Pilze und damit ihre wichtigen Funktionen in Ökosystemen. Der Sommer und Herbst 2023 hat uns allerdings eine Fülle wunderbarer Pilze beschert.

Foto: Es gibt essbare Pfifferlinge (links) und ihren leicht giftigen Verwechslungspartner, den Falschen Pfifferling.

Florian Gade und Sibylle Maurer-Wohlatz

Das Projekt wird von der Niedersächsischen BINGO Umweltstiftung gefördert.

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