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Amphibienwanderung am Benther Berg

BUND: Seit 1981 am Benther Berg im Einsatz!

Warm und feucht muss es sein, damit Erdkröten und andere Lurche zur Wanderschaft in ihre Laichgewässer aufbrechen. Wobei „warm“ relativ ist: Denn Kröten kommen schon bei Temperaturen ab 4-5°C in Wallung - sofern es gleichzeitig nass und windstill ist. Leider müssen die wandernden Amphibien zunächst eine tödliche Gefahr überstehen, wenn sie sich fortpflanzen wollen: Nämlich die Querung der Lenther Chaussee am Fuße des Benther Berges zwischen Hannover-Badenstedt und Lenthe. Dem Autoverkehr auf dieser auch abends noch vielbefahrenen Kreisstraße (K249) fallen immer wieder zahlreiche Tiere (und nicht nur Amphibien!) zum Opfer. Und genau hier gibt es eines der größten Amphibienvorkommen in der Region Hannover.

Marion Heinmann freut sich über jede helfende Hand

Rettet die Frösche!

Anfang der 1980er-Jahre startete der BUND seine bundesweit viel beachtete Aktion „Rettet die Frösche“. Schon 1981 waren wir auch an der Lenther Chaussee mit einem ersten Krötenzaun dabei: Die heute üblichen Plastikzäune mit den handlichen Metallstäben gab es damals noch nicht; aber man wusste sich mit Axt und Säge bestens zu helfen.

Was damals begann, wird seither jedes Frühjahr von ehrenamtlichen Naturschützern wiederholt: Zaun aufbauen, Eimer eingraben, jeden Morgen kontrollieren, gefangene Amphibien aus den Eimern befreien, über die Straße tragen und sicher zu ihrem Laichgewässer begleiten. Ab 1984 führt dieser Weg zunächst in Richtung Norden zu den dort neu angelegten Teichen.

Von 1994 bis 2012 war Gerhard Felchner aus Benthe für die Krötenaktion verantwortlich; seit 2013 Marion Heinemann aus Davenstedt (Foto). Die Amphibien sollten eigentlich auf den neuen Laichplatz nördlich der Lenther Chaussee umgeprägt werden, um sie von  ihrer gefährlichen Wanderung über die Straße abzuhalten. Doch leider wollten die Kröten dabei nicht mitspielen. Sie beharrten vielmehr stur auf ihren ursprünglichen Laichplätzen südlich der Lenther Chaussee.
Die BUND-Kreisgruppe wollte herausfinden, warum sich die Kröten so verhalten. Sie gab deshalb 2002 mit finanzieller Unterstützung durch die niedersächsische Umweltstiftung eine Untersuchung in Auftrag, um die aktuelle Situation der Amphibienpopulationen zu klären und ein Konzept zur dauerhaften Lösung zu entwickeln. Das Gutachten wurde von den beiden Biologen Tobias Wagner und Dirk Herrmann von der Arbeitsgemeinschaft Biotop- und Artenschutz aus Neustadt erarbeitet.

Bergmolch am Badebornteich

Acht Amphibienarten nachgewiesen

Das Gutachten bestätigte eindrucksvoll die Bedeutung des Amphibienvorkommens in unserem Gebiet: Außer der Erdkröte gibt es hier noch sieben weitere Arten, darunter vier gefährdete Lurche - nämlich Bergmolch, Kammmolch und Seefrosch sowie den stark gefährdeten Laubfrosch (Niedersachsen Rote Liste). Grasfrosch, Teichfrosch und Teichmolch vervollständigen das Artenspektrum. Damit gehört unser Gebiet sowohl arten-, als auch zahlenmäßig zu den wichtigsten Lebensräumen für Lurche im Bereich der Stadt und Region Hannover. 

Die insgesamt günstige Situation ist vor allem auf die seit 1983 vorgenommenen Naturschutzmaßnahmen zurückzuführen. Die Straßenverluste wurden durch den Krötenzaun reduziert. Dazu wurden Gewässer und Landlebensräume neu angelegt und gepflegt. Dadurch sind auf beiden Seiten der Lenther Chaussee neue Laichgewässer und bewaldete Landlebensräume entstanden - warum wollen die Kröten also immer noch über die Straße?

Von wegen Laichplatztreue...

Offenbar liegt das weniger an ihrer so oft beschworenen Laichplatztreue; denn sonst hätten nicht hunderte von Erdkröten ein erst eineinhalb Jahre altes Gewässer zum Ablaichen aufgesucht. Es scheint vielmehr so zu sein, dass die jungen Erdkröten mehr oder weniger ziellos von ihrem Geburtsgewässer aus in die Umgebung ausschwärmen. Wenn sie lebend die andere Straßenseite erreichen und dort geeignete Nahrungs- und Winterquartiere finden, werden sie in der Regel im Alter von drei bis vier Jahren geschlechtsreif und machen sich dann auf den Weg zu ihrer häufig einzigen Laichplatzwanderung. Falls sie kein neues, geeignetes Gewässer finden, wandern sie zurück zu dem Laichplatz, den sie mit Sicherheit kennen, nämlich ihrem Geburtsgewässer. Dabei müssen sie unter Umständen wieder die Lenther Chaussee überqueren - und landen hoffentlich vorher im rettenden Eimer ...

Dauerhafter Schutz ist unabdingbar

So unangenehm die Erkenntnis auch sein mag: Krötenzäune allein können nicht zu einer langfristigen Entschärfung der Problematik führen. Um die Tiere auch während der Rückwanderung im Laufe des Sommers und Herbstes vor dem Straßenverkehr zu schützen, musste eine andere Lösung gefunden werden. Bei einem Treffen des BUND mit Vertretern des Grünflächenamtes der Stadt Hannover (heute: Fachbereich Umwelt und Stadtgrün der Landeshauptstadt Hannover), der Unteren Naturschutzbehörde der Region sowie dem Landesamt für Ökologie (heute NLWKN: Niedersächsisches Landesamt für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz) wurden daher verschiedene Lösungsansätze diskutiert. Dabei war allen Beteiligten klar, dass nur eine dauerhafte Sperr- und Amphibienschutz-Einrichtung sowie ein Krötentunnel die Situation nachhaltig entschärfen können.

Technisch war dies zwar kein großes Problem, wohl aber finanziell: Die Kosten wurden auf mehr als 100.000 € geschätzt! Während entsprechende Maßnahmen beim Neubau von Straßen vorgeschrieben sind, ist die Finanzierung an bestehenden Straßen schwierig, da hier das Naturschutzgesetz nicht greift. Daher entschloss sich der BUND Region Hannover in enger Zusammenarbeit mit dem Fachbereich Umwelt und Stadtgrün der Landeshauptstadt zu einem Förderantrag bei der Niedersächsischen Umweltstiftung, der Umweltlotterie BINGO. Der BUND versprach seinen Teil durch ehrenamtliche Leistungen beizutragen, die Stadt durch zusätzliche Eigenmittel und Planungsarbeit.

Neue Lebensräume

Ein zusätzliches positives Zeichen waren die Bemühungen des Fachbereichs Umwelt und Stadtgrün, in diesem Landschaftsraum in den letzten Jahren neue Laichgewässer und Landlebensräume zu entwickeln. Lange geplant und 2004 umgesetzt wurde dann auch die aufwändige und professionelle Renaturierung des Badebornteiches, der durch das Flüsschen Bade gespeist wird, das nur wenige hundert Meter südlich der Lenther Chaussee am Fuße des Benther Berges entspringt.

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