BUND-Testaktion zum Weltbienentag am 20. Mai: Alarmierende Pestizidfunde in als „bienenfreundlich“ deklarierten Blühpflanzen
Besorgniserregende Ergebnisse brachte eine umfangreiche Testaktion des BUND Niedersachsen zutage. Im April wurden zahlreiche, als „bienenfreundlich“ deklarierte Pflanzen in Baumärkten, Supermärkten und Gartencentern in Niedersachsen auf Pestizide untersucht. Niedersächsische BUND-Gruppen sammelten 85 Pflanzenproben in 43 Geschäften ein. Der BUND Region Hannover führt mit Unterstützung der Deutschen Postcode Lotterie bereits seit dem Jahr 2021 jährliche Untersuchungen durch. Die negativen Ergebnisse führten zur Ausweitung der Testreihe. Die aktuellen Ergebnisse sind alarmierend. Der BUND kritisiert den massiven Einsatz von gefährlichen Pestiziden, der nicht nur Insekten, sondern auch die menschliche Gesundheit gefährden kann.
Sibylle Maurer-Wohlatz, Vorsitzende des BUND Region Hannover: „Fast alle Pflanzen enthielten Pestizide, teils in großem Umfang und hochgiftig, bis hin zu verbotenen Substanzen. Insgesamt wurden 561 Pestizidnachweise festgestellt, im Durchschnitt sind das 6,4 Pestizide je Pflanze. Über die Hälfte der Proben wies für Bestäubungsinsekten giftige Pestizide auf. Das ist vor dem Hintergrund, dass Menschen Blühpflanzen auch zur Unterstützung von Insekten kaufen, einfach erschütternd. Besonders kritisch ist, dass in 35 Fällen Pestizide wie z. B. Bifenthrin und Diphenylamin nachgewiesen wurden, die in der EU nicht mehr zugelassen sind. Wir fordern dringend strengere Kontrollen schon beim Produzenten, um giftfreie Pflanzen für Mensch und Tier zu gewährleisten. Ein Lichtblick ist, dass sich nach konstruktiven Gesprächen mit zwei Baumarktketten im Vorjahr eine positive Entwicklung abzeichnet und deren Werte deutlich besser ausgefallen sind. Eine Trendwende ist also möglich.“
Der BUND kritisiert, dass im Gartenbau oftmals viel zu viele Pestizide eingesetzt werden, die zudem hochgiftig für Bestäuber sind. Lediglich 3 von 85 Proben wiesen keine Pestizidrückstände auf. Zudem ist der Begriff „bienenfreundlich“ nicht geschützt, wodurch Verbraucher*innen getäuscht werden können. Anstatt Insekten etwas Gutes zu tun, schadet man ihnen sogar durch den Kauf stark belasteter, aber als „bienenfreundlich“ deklarierter Blühpflanzen.
In 33 Fällen wurden sogar Stoffe nachgewiesen, die das Potenzial haben, beim Menschen möglicherweise Krebs auszulösen oder Fruchtbarkeit und Erbgut zu schädigen, wie beispielsweise Epoxiconazol und Propiconazol. Nicht nur Zierpflanzen wiesen teils auffallend erhöhte Pestizidwerte auf, sondern auch Küchenkräuter wie Rosmarin und Bohnenkraut. Darüber hinaus können Pestizidrückstände in unser Grundwasser gelangen und somit in den natürlichen Wasserkreislauf eindringen – mit dem Risiko, am Ende wieder in unserer Nahrung zu landen.
Dr. Bernd Alt, Pestizidzuständiger BUND Region Hannover: „Obwohl Pestizide für die Verbraucher*innen unsichtbar sind, haben sie einen direkten Einfluss auf unsere Gesundheit. Pestizide tragen zum weltweiten Artensterben bei, was langfristig durch fehlende Insekten unsere Ernährungssicherheit bedroht. Zudem stehen Pestizide im Verdacht, schwerwiegende Krankheiten auszulösen. Besonders betroffen sind hierbei Landwirt*innen, die im direkten Kontakt mit Pestiziden arbeiten und dadurch ein erhöhtes Risiko haben, zum Beispiel an Parkinson zu erkranken.“
Kritisch sieht der BUND auch, dass die im Rahmen der Testaktion befragten Verkaufsstellen kaum Kenntnis über die Kulturmethoden ihrer Lieferbetriebe hatten. Nur wenn die Handelsstellen Verantwortung übernehmen und ihre Zulieferer konsequent strengeren Kontrollen unterziehen, können Gesundheit und Umwelt vor giftigen Pestiziden geschützt werden.
Hintergrund:
Im Rahmen der Testaktion wurden in verschiedenen Städten und Landkreisen in Niedersachsen, unter anderem in der Region Hannover, Celle, Lüneburg, Göttingen, Hameln-Pyrmont, Hildesheim, Holzminden, Vechta, Rotenburg, Wolfenbüttel, Stade, Osterholz und Salzgitter Pflanzenproben in verschiedenen Gartencentern, Baumärkten und Supermärkten gekauft und anschließend zentral in einem Speziallabor auf Pestizidrückstände analysiert. Der Fokus lag auf als „bienenfreundlich“ etikettierten Pflanzen. Alle Proben wurden mittels eines Multitests untersucht, der rund 600 Einzelsubstanzen erfasst. Die Auswertung erfolgte unter Nutzung des Ökotox-Index, der die Giftwirkung auf unterschiedliche Arten von Organismen in Luft, Wasser und Boden sowie die Schädlichkeit für Menschen, Boden und Gewässerpersistenz berücksichtigt. Die Untersuchungen des BUND Region Hannover wurden im Rahmen des Projekts "Pestizidbelastete Blütenpflanzen? Nein danke!" durchgeführt und finanziell unterstützt von der Deutschen Postcode Lotterie.
Bei Rückfragen:
Dr. Bernd Alt, Pestizidzuständiger BUND Hannover, altnetz@htp-tel.de
Jakob Grabow-Klucken, Bienenexperte, BUND Niedersachsen, jakob.klucken@nds.bund.net