Moorschutz ist Natur- und Klimaschutz zugleich und sollte auf der politischen Agenda ganz oben stehen – eine Botschaft, die Viele nach einer BUND-Exkursion in die Hannoversche Moorgeest am ersten Septembersonntag mit nach Hause genommen haben. Nach einer kurzen Einführung in das komplexe Thema im Moorinformationszentrum MOORiZ in Wedemark-Resse durch Ludwig Uphues ging es bei schönstem Spätsommerwetter in das Vorzeige-Hochmoor „Bissendorfer Moor“ zwischen Kaltenweide und Resse. Nach einem 15-minütigen Fußmarsch durch einen urwüchsigen Moorwald zu einem Aussichtsturm am südlichen Rand der Kernzone tat sich die beeindruckende Weite eines Hochmoores auf. „Das hier ist das am besten erhaltene Hochmoor in ganz Niedersachsen“, erklärte Ludwig Uphues, langjähriger Sprecher des „Aktionskreises Hannoversche Moorgeest“ und Moorschützer der ersten Stunde, den Besuchern, zu denen auch der Vorsitzende des BUND Region Hannover Gerd Wach, Vorstandsmitglied Cornelia Booß-Ziegling und die Geschäftsführerin der Kreisgruppe, Sabine Littkemann, zählten.
Dass hier noch mächtige Torfmoose, Glocken- und Rosmarinheide, Sonnentau, Wollgräser und andere Spezialisten wachsen, ist nicht nur dem glücklichen Umstand zu verdanken, dass es in der Geschichte des Bissendorfer Moores nie zu einem industriellen Torfabbau gekommen ist, wie Uphues erklärte. Es ist auch der Verdienst von Naturschützern der Faunistischen Arbeitsgemeinschaft Moore (FAM), die in den vergangenen 30 Jahren die Flächen regelmäßig von Kiefern- und Birkenaufwuchs befreit (entkusselt) haben. Und damit kam der Moorschützer zu den weniger guten Nachrichten: Der größte Teil des Hochmoores sei in einem schlechten Erhaltungszustand und chronisch zu trocken. Damit Torfmoose leben und wachsen können, müssen sie nass sein – die wichtigste Voraussetzung für ein intaktes Hochmoor, in dem natürlicherweise auch kein Baum mehr Fuß fassen kann.
Die Wiederherstellung eines hochmoortypischen Wasserstandes ist denn auch das Hauptziel des 2012 genehmigten EU-Life+ Projektes „Hannoversche Moorgeest“ – ein ehrgeiziges europäisches Schutzprojekt für insgesamt vier Hochmoore in der Hannoverschen Moorgeest mit einer Gesamtfläche von 2.243 Hektar und einer Laufzeit bis 2023. Das Projektvolumen beträgt 11,4 Millionen Euro. „Wir sind aber zwei bis drei Jahre hinterher“, klagte Uphues. Denn von den rund 1400 Hektar Moorflächen, die privaten Eigentümern gehören bzw. gehörten, habe das Land als Vorhabenträgerin bis heute erst rund 550 Hektar für die Renaturierungsmaßnahmen sichergestellt – entweder durch Flächenkauf oder weil die Eigentümer die Renaturierungsmaßnahmen dulden. „Es fehlen uns noch 60 Prozent der Flächen – so ist das der reinste Flickenteppich.“
Mit dem Rückbau von Entwässerungsgräben und dem Bau von Moordämmen sei deshalb noch nicht einmal begonnen worden, die Hochmoorflächen würden weiter trockenfallen. „Uns läuft die Zeit davon!“ Das Jahr 2023 als Zielmarke für einen guten Erhaltungszustand der Hochmoore werde man nicht halten können, prophezeite Uphues. Und machte auch die Blockadehaltung von Flächeneigentümern im laufenden Flurneuordnungsverfahren mit verantwortlich für die Misere. Mit insgesamt etwa 900 Flächeneigentümern habe man Gespräche führen müssen über die Möglichkeiten von Verkauf, Tausch oder Gestattung derArbeiten auf ihren Moorflächen. „Die Eigentümer sollten freiwillig für das Schutzprojekt gewonnen werden – das funktioniert in vielen Fällen leider nicht“, kritisierte Uphues.
Ein fatales Signal nicht nur für den faszinierenden Lebensraum Hochmoor und seine Bewohner, sondern auch für den Klimaschutz. Denn Hochmoore sind bedeutsame und dennoch unterschätzte Kohlenstoffsenken. Fallen sie trocken, werden Tag für Tag große Mengen klimaschädlicher Gase freigesetzt - allein in Niedersachsen schätzungsweise jährlich rund 20 Tonnen CO2 pro Hektar entwässertes Hochmoor.
Sabine Littkemann
Vorstand und Mitglieder des BUND Region Hannover machen sich ein Bild vom (noch) besten Hochmoor Niedersachsens