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Giftige Schadstoffe in als „bienenfreundlich“ deklarierten Blütenpflanzen

20. Mai 2024 | Umweltgifte, Artenschutz, Bienen, Chemie, Insekten, Naturgarten

Seit vier Jahren testet der BUND Region Hannover stichprobenartig Blütenpflanzen, die im Handel als „bienenfreundlich“ deklariert und angeboten werden. Auch in diesem Jahr wurde nachgewiesen, dass fast alle diese analysierten Pflanzen mit Pestiziden belastet sind und damit blütenbesuchende Insekten wie Wildbienen bei ihrer Nahrungsaufnahme nachhaltig schädigen.

Natternkopf mit Ackerhummel, Foto: Sibylle Maurer-Wohlatz

Hannover, 17.05.2024. – Es ist die bislang größte Testaktion, die der BUND Region Hannover seit dem Start des Projekts „Pestizidbelastete Blütenpflanzen? Nein danke“ durchgeführt hat: Getestet wurden 55 Proben, darunter z.B. Lavendel, Margeriten, Glockenblumen, Goldlack, aus 18 Geschäften in der Region Hannover (Gartencenter, Baumärkte, Lebensmittelmärkte). Die Ergebnisse sind erschreckend: 96 Prozent der Proben enthielten Pestizide, 2/3 davon sogar fünf und mehr Pestizide: bis zu 17 in einer einzigen Pflanze. Es wurden 57 Anwendungen von Pestiziden erfasst, die hoch gefährlich für Bestäubungsinsekten sind, 16 Prozent der Proben waren davon betroffen. Zudem wurden Rückstände von sieben Pestiziden entdeckt, die in der EU nicht zugelassen sind.

Diese und viele weitere Daten und Fakten zeigen: Gerade Blühpflanzen, die hoch attraktiv für Bestäubungsinsekten sind, werden bei Erzeugern und vermutlich auch bei Großhändlern massiv mit Giften behandelt, was zum weiteren Insektensterben beiträgt. Bestäuber wie Wildbienen übernehmen eine Schlüsselrolle in unseren Ökosystemen und damit auch für unsere Ernährung: 60-70 Prozent unserer pflanzlichen Nahrungsmittel hängen von der Bestäubung durch Insekten ab.

Vorstandsmitglied Dr. Bernd Alt von der BUND-Kreisgruppe Region Hannover betont: „In den von betriebswirtschaftlichen Überlegungen dominierten Routinen der Betriebe haben diese Aspekte einen zu geringen Stellenwert. Zu wenig berücksichtigt wird auch, dass über die Wirkungen der vielfachen Kombinationen verschiedener Wirkstoffe meist nichts bekannt ist, weil es dazu keine Untersuchungen gibt. Bekannt ist aber, dass sich bei bestimmten Kombinationen die Wirkungen der Einzelstoffe massiv verstärken – das wird aber teilweise nicht gewusst und zu wenig beachtet. Fazit: Manche der betroffenen Betriebe wissen nicht, was sie tun, aber sie tun es gründlich.“ Ernüchternd dabei: Trotz der dringlichen Hinweise der letzten Jahre hat sich kaum etwas geändert, obwohl es dringenden Handlungsbedarf gibt.

Weiter rät Dr. Bernd Alt den Käuferinnen und Käufern von Zierpflanzen, auf Pestizidfreiheit zu achten. Dafür gibt es unterschiedliche Möglichkeiten: „Fragen Sie im üblichen Handel energisch nach und pochen Sie auf konkrete Auskunft zur möglichen Pestizidbelastung. Kaufen Sie im Zweifelsfall in einer Biogärtnerei oder auf Pflanzenbörsen (z.B. von Naturschutzverbänden). Grundsätzlich sind überwiegend heimische Pflanzenarten wie vorzugsweise mehrjährige Stauden mit unterschiedlichen Blütezeiten für einen pflegeleichten, insektenfreundlichen Garten empfehlenswert. Verzichten Sie dabei auf den Einsatz jeglicher Pestizide wenden Sie bei Problemen mit Schädlingen natürliche Mittel an.“ Weitere Tipps sind auf der Website des BUND Region Hannover zu finden.

Hintergrund zum Projekt „Pestizidbelastete Blütenpflanzen? Nein danke“
Das zunehmende Insektensterben betrifft nicht nur hochspezialisierte Wildbienenarten, sondern alle heimischen Insektenarten. Verbraucher möchten dem Insektensterben entgegenwirken, indem sie in ihren Gärten oder auf dem Balkon Blütenpflanzen anbieten, die sie im Handel mit dem Hinweis auf „Insektenfreundlichkeit“ erworben haben. Der BUND Region Hannover und die BUND-Partnerorganisation Global 2000 in Österreich testen seit 2021 eine Auswahl jener als „bienenfreundlich“ gekennzeichneten Pflanzen in einem Speziallabor. Die Tests umfassen die Analyse der Proben auf mehr als 600 verschiedene Pestizid-Wirkstoffe (Mittel gegen Insekten, Pilze, Käfer, Beikräuter).

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