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BUND unterstützt die Region bei der Umsetzung der FFH-Richtlinie - Kein Nachtangeln im Schutzgebiet Untere Leine!

23. März 2021 | Fledermäuse, Artenschutz

Der BUND Region Hannover begrüßt die längst überfällige Schutzgebietsverordnung der Region für den Bereich der Unteren Leine zwischen Hannover und Neustadt. Der Flussabschnitt ist Teil des bereits im Jahr 2006 der EU gemeldeten FFH- Gebietes Nr. 90: „Aller (mit Barnbruch), untere Leine, untere Oker“ und damit Bestandteil von „Natura 2000“ – einem zusammenhängenden ökologischem Netz von Schutzgebieten in Europa, das sich aus den Flora-Fauna-Habitat-Gebieten (kurz: FFH-Gebiete) und den europäischen Vogelschutzgebieten zusammensetzt. Ziel der bereits 1992 verabschiedeten europäischen FFH-Richtlinie ist es, wildlebende Arten, deren Lebensräume und deren europaweite Vernetzung zu sichern und zu schützen.

Schon längst hätten auch gemäß den Entscheidungen der EU-Kommission aus dem Jahr 2004 alle FFH-Gebiete und Vogelschutzgebiete in nationales Naturschutzrecht überführt und damit rechtlich abgesichert werden müssen. Die Bundesrepublik gehört allerdings zu den Schlusslichtern bei der Umsetzung der FFH-Richtlinie: Bereits 2014 strengte die EU ein Strafverletzungsverfahren gegen Deutschland an, weil es seiner Verpflichtung zur Ausweisung von Schutzgebieten nicht nachgekommen war. Auch Niedersachsen hinkt gewaltig hinterher: Es ist das einzige Bundesland, dass die Sicherung seiner FFH-Gebiete bisher nicht abgeschlossen hat. „Umso mehr freuen wir uns, dass die Region und die Untere Naturschutzbehörde Gas gegeben und für die Leineaue ein gutes Schutzkonzept vorgelegt haben,“ sagt Cornelia Booß-Ziegling, Mitglied im Vorstand des BUND Region Hannover.

Der BUND unterstützt uneingeschränkt das von der Umweltdezernentin der Region Hannover, Christine Karasch, vorgeschlagene ganzjährige Nachtangelverbot im FFH- Schutzgebiet – und das nicht nur zwischen Hannover und Neustadt. „Nachtangeln gefährdet das Schutzziel für die hier vorkommenden Fledermausarten“, erklärt Fledermausschützerin Booß-Ziegling. Die in der Nacht jagenden Fledermäuse – auf Beute-Insekten fokussiert – drohen sich in Angelschnüren zu verfangen oder an Angelhaken zu verletzen. Dies geschehe vor allem, wenn die Angelschnur über das Wasser geworfen werde.

Aber nicht nur die streng geschützten Fledermäuse sind durch Nachtangeln gefährdet. Das Aller-Leine Schutzgebiet ist ein El Dorado für seltene Vogelarten wie Weiß- und Schwarzstorch, Schwarzmilan, Rotmilan, Rohrweihe, Wachtelkönig, Seeadler, Braunkehlchen und Schafstelze – auch sie werden durch die nächtlichen Aktivitäten der Angler erheblich beeinträchtigt. „Durch Stirnlampen und Knicklichter an den Angeln, Aufstellen von Zelten, Rangieren von Autos und Ähnlichem werden im Grunde alle am Fluss lebenden Arten gestört“, sagt die BUND-Vertreterin. Auch die Beschädigung von Uferböschungen sei nicht auszuschließen. Es unterliege zudem keiner Kontrolle, was nachts an den Flussufern geschehe. Der von den Anglerverbänden stolz beschriebene Angel-Boom lasse zudem

befürchten, dass damit auch Nachtangeln und das Ausmaß der Störungen zunehmen werden.

„Nach unserer Auffassung stellt Nachtangeln einen nicht zu tolerierenden Eingriff in die Natur dar und ist in ausgewiesenen Schutzgebieten weder nötig noch tragbar. Es passt im Übrigen auch nicht zusammen, wenn der Anglerverband und Sportfischer, die sich immer wieder als Naturschützer darstellen, gegen ein Verbot des Nachtangelns in einem Naturschutzgebiet Sturm laufen“, ergänzt Booß-Ziegling.

Nach § 17 des Tierschutzgesetzes ist es verboten, Wirbeltiere wie Fische ohne vernünftigen Grund zu töten oder ihnen länger anhaltende Schmerzen und Leiden zuzufügen. Als vernünftige Gründe gelten dabei der Nahrungserwerb und die Hege und Pflege des Fischbestands. Der BUND stellt in Abrede, dass zum Nahrungserwerb ausgerechnet in der Nacht geangelt werden muss. Ein weiteres Argument der Anglervereine, dass mit Angeln die Hege und Pflege der Fischbestände betrieben werde, kann ebenfalls nicht für das Nachtangeln gelten, insbesondere, weil in der Nacht nicht alle Fischarten aktiv sind. „Die Bundesländer Baden-Württemberg und Brandenburg machen uns vor, dass die Hege von Fischbeständen auch ohne Nachtangeln möglich ist. Dort ist es nämlich grundsätzlich verboten“, erklärt BUND-Vorsitzender und Gewässerexperte Gerd Wach.

Dass sich die Mehrheitsparteien in der Region, SPD und CDU, nun für Nachtangeln im Leineschutzgebiet einsetzen, ist für den BUND unverständlich. Geht es hier vielleicht um die Stimmen der Freizeitangler bei der Kommunalwahl im September? Das Verbot von Nachtangeln ist keineswegs „musealer“ Naturschutz“, wie von manchem Politiker nun geraunt wird. „Museal ist die fortgesetzte Beeinträchtigung und Zerstörung von Natur in einer Zeit, in der – wie wir alle wissen – das Artensterben historisch bedrohliche Ausmaße angenommen hat. Wer den Naturschutz ernst nimmt, versucht nicht gleichzeitig, die Gesetze zu ihrem Schutz aus Eigeninteresse auszuhebeln“, so Booß-Ziegling. Gerade in Schutzgebieten müsse sehr sorgfältig geprüft werden, welcher Freizeitsport dort möglich sei, ohne die Schutz- und Erhaltungsziele zu gefährden. „Nachtangeln jedenfalls gehört nicht dazu.“

Für Rückfragen:

Cornelia Booß-Ziegling, Telefon: 0511 - 62 52 12, Email: Booss-Ziegling@t-online.de 
Gerd Wach, Telefon: 0511 - 70 03 82 47 Email: Gerd.Wach@nds.bund.net

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