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Das Schutzgebiet von Siboney-Juticí

Das ökologische Schutzgebiet „Reserva Ecológica Siboney-Juticí” ist 2075 ha groß. Es erstreckt sich vom Osten der Stadt Santiago de Cuba entlang der 16 km langen Strände von Aguadores und Siboney und umfasst den zentralen Teil der marinen Küstenterrassen der Karsthochebene der Provinz Santiago de Cuba. Das "Reserva Ecológica" gehört zu den durch den Ministerrat Kubas gesetzlich festgelegten Schutzgebieten und ist eine der Natur­schutz-Kernzonen des Biosphärenreservates Baconao.

Das Schutzgebiet grenzt an Siboney, einer relativ jungen, noch in der Entwicklung begriffenen Gemeinde mit ca. 1020 Einwohnern (Stand 2006), deren Wohnhäuser sich in Strandnähe konzentrieren. Rund um das Jahr wird der Ort von einheimischen Badegästen und Touristen besucht. Durch diese Entwicklung hat sich die bäuerliche Lebensweise der Einwohner rasch verändert. Sie leben heute auch vom Verkauf von Kunsthandwerk und Le­bens­mitteln sowie von der Vermietung von Gästezimmern an ausländische Touristen. 2006 gab es ca. 44 lizenzierte Fremdenzimmer in Siboney. Das soziale Leben ist im Ort durch den Einfluss der Gäste für die Einheimischen attraktiver geworden und ermöglicht einen kulturellen Aus­tausch zwischen den Besuchern und den Einwohnern.

Die Infrastruktur in Siboney umfasst sechs Gesundheits- und drei Erziehungseinrichtungen. Weiterhin gibt es Läden für den täglichen Bedarf wie Lebensmittel und Brennstoffe sowie Gaststätten. Offensichtlich ist jedoch die Nachfrage nach Brennstoffen immer noch so groß, dass die einheimische Bevölkerung, um über die Runden zu kommen, weiterhin illegal die natürlichen Holzressourcen nutzt und das Schutzgebietes damit schwer schädigt.

Vom Höhlenschutzgebiet zum ökologischen Reservat in Siboney-Juticí

1970 wurde durch den Ministerrat der kubanischen Regierung eine Resolution zur Einrichtung des „Reservación Natural Espeleológica“, eines Reser­vates zum Schutz des einzigartigen Höhlengebietes verabschiedet. Es umfasst ein Gebiet von 67 ha auf der Hochebene von Siboney, ausgehend vom Westen des Strandes von Siboney. Geographisch handelt es sich bei dieser Region um einen Teil der Sierra Maestra im Oriente Kubas. Die besonders wertvollen Karstformationen waren der Anlaß, hier ein Höhlenschutzgebiet zu schaffen. Der Karst bildet hier ein treppenartiges System mariner Terrassen mit großen Dolinen und zahlreichen unterirdischen Höhlenräumen, die einer Vielfalt von Tieren und seltenen Pflanzen einen Lebensraum bieten. Zu den Höhlen dieser Region gehören die „Cueva de los Majàes“, „de la Cantera“, „del Cupey“, „Atabex“  und „de la Virgen“. Diese Höhlen bieten ca. 33 Prozent aller höhlenbewohnenden Tierarten des Oriente Kubas Schutz. Darunter befinden sich viele gefährdete oder endemische Arten wie die blütenbesuchende Fleder­mausart Phyllonycteris poeyi oder die Schlankboa Maja de Santa María  (Epicrates angulifer) sowie die kubanische Zwerg­boa Bobo amarillo (Tropidophis melanurus).

Beide stehen im Anhang II der internationalen Cites Konvention.

1998 wurde das Gebiet zum „Reserva Ecológica“, einem Naturschutzge­biet erklärt und 2001 durch den Ministerrat Kubas per Gesetz be­stä­tigt. Die  Ver­wal­tung des Gebietes ob­liegt seitdem dem „Centro Oriental de Eco­siste­mas y Biodiversidad (BIOECO)“.

Seit dieser Zeit hat BIOECO in eigener Verantwortung und in Kooperation mit anderen wissenschaftlichen Einrichtungen, zahlreiche Studien über die Vegetation im Reservat durchgeführt. Der Anteil der endemischen Flora in Kuba auf alle vorkommenden Pflanzenarten bezogen, liegt bei 50 Prozent. In diesem Gebiet wurden 676 Pflanzenarten kartiert, die sich 79 Familien zuordnen lassen. Von den Arten sind 159 endemisch und 10 nur im Küstendistrikt Media Luna-Cabo Cruz-Baconao zu finden. Der Anteil der im Reservat vorkommenden Endemiten beträgt 23,6 Prozent. Von allen Arten stehen sieben auf der Roten Liste der IUCN, eine ist selten, drei gefährdet und drei vom Aussterben bedroht.

Einige der endemischen Pflanzen werden von blütenbesuchenden Fledermäusen aufgesucht und z. T. auch bestäubt; dazu gehören u. a. Rhytidophyllum intermedium und R. villosulum und einige endemische Agavenarten. Die Erforschung der wechselseitigen Abhängigkeit von Flora und Fauna  - wie die Bestäubung der Blüten von Endemiten durch Blütenfledermäuse und der Abhängigkeit der Fledermäuse von diesen Nahrungsquellen  -  ist eine der spannenden wissenschaftlichen Aufgaben der kubanischen und auch internationalen Ökosystemforschung.

Einige besonders geschützte Arten im Reserva Ecológica Siboney-Juticí

Im Reserva Ecológica befinden sich viele besonders geschützte und nur in Kuba vorkommende, oder sogar nur in dieser Region nachgewiesene endemische Pflanzen- oder Tierarten. Zu den besonders geschützten Arten gehört ein Kolibri, der „Zunzún“ (Chlorostilbon ricordii) - siehe auch Cites-Liste Anhang II - sowie  der auf Kuba nur in wenigen Gebieten vorkommende endemische Hummelkolibri „Zunzúncito“ (Mellisuga helenae) - auch Bienenelfe genannt -  sowie ein Singvogel, der endemische Pechero (Teretistris fornsi).

Es gibt weiterhin eine Vielzahl Reptilien (Schlangen, Eidechsen), die zu den vom Aussterben bedrohten Arten gehören, unter ihnen auch autochthone Arten.

Von herausragender Bedeutung jedoch ist das ausgedehnte Höhlensystem mit einem der bedeutendsten Vorkommen der endemischen Fledermausart Phyllonycteris poeyi und 15 weiteren Fledermausarten, von denen eine bereits als ausgestorben gilt.

(Siehe: Liste der in Siboney vorkommenden Fledermäuse)

Klima, Fauna und Flora im Reserva Ecológica

Nach Reyes1 dominiert in dem Gebiet auf zwei geologischen Höhenstrukturen eine niedere, strauchartige, meist dornige Vegetation, mit ariden bis semiariden Elementen. Dabei ist das trockene Subküsten- und Küstengebüsch bei anthropogenen Eingriffen besonders störungsanfällig, bedingt durch extreme natürliche klimatische und geologische Faktoren. Diese sind hohe Temperaturen (26° im jährlichen Mittel), hohe Intensität der Sonneneinstrahlung, geringe Niederschläge (700 mm im Jahresdurchschnitt), aufsteigende Verdunstung (zwischen 1700 und 1900 mm jährlich), hohe relative Luftfeuchtigkeit (zwischen 70 und 80 Prozent im Jahresdurchschnitt), Fehlen von Substrat aufgrund der karstigen Struktur bzw. das Vorhandensein einer nur sehr dünnen Bodenschicht in ca. 80 Prozent des Gebietes.

Hier sind Vegetationsaufnahmen derselben Stelle in der Reserva zu sehen, die kurz nach einem Hurrikan mit einem lang anhaltenden Tiefdruckgebiet im November 2005 gemacht wurden und wenige Monate später im Februar 2006 während der Trockenzeit.   

Auch über die Fauna des Gebietes wurden Studien erstellt, unter ihnen eine Referenz­studie zu den Ökosystemen höhlen­bewohnender Arten. Hier ist besonders Gilberto Silva Taboada zu nennen, der bereits in den 1960er Jahren mit der umfassenden Erforschung der Fledermäuse Kubas und auch in Siboney begonnen hatte. Noch heute ist sein Buch „Los murciélagos de Cuba“, 1979 erschienen, das Grundlagenwerk schlechthin.

Von den Höhlenökosystemen wird die „Cueva de los Majáes“ als eine mit der höchsten Biodiversität Kubas2 sowie der Karibik3 angesehen. Außerdem wird die Höhle der Majáes als eine der wärmsten Kubas betrachtet, was sowohl auf ihre glockenartige Ausformung, in der sich die Wärme staut, als auch auf die Präsenz einer der größten Kolonien der auf Warmhöhlen spezialisierten Phyllonycteris poeyi sowie der mit ihr vergesellschafteten weiteren Arten zurückgeführt wird.

Fotos: 2001 Leiter der ökol. Station Armando Leal mit Mitarbeitern nachts an der Majahöhle;  Phylloncycteris poeyi  wird vermessen

1 Reyes, 1998
2 Silva, 1988 y Vina et al, 1994
3 Peck, 1996

Gefährdung und Chancen des Reserva Ecológica

Obwohl das Gebiet natürlichen klimatischen Schwan­kungen gegenüber über ein hohes Maß an Selbst­schutz­mechanismen verfügt und aufgrund der Un­weg­samkeit des Geländes und Rauheit der Landschaft nur schwer begehbar ist, hat das Reservat unter dem anthropogenen Druck durch die angrenzende Ortschaft gelitten. Insbesondere in den letzten Jahren der kuba­­nischen Wirtschaftskrise, in der sog. „periodo especial“ (Sonderperiode), die das Land meistern musste, wurden hier Bäume und Sträucher zur Brenn­holzgewinnung geschlagen und Tiere wie die bereits erwähnte kubanische Santa Maria de Maja, der Leguan (Iguana) sowie ein Nagetier, die kubanische Baumratte (Jutíaconga) gejagt und dadurch dezimiert.

Um die Probleme im Reservat genauer zu erfassen, wurden 1997 die Auswirkungen menschlicher Eingriffe auf das Schutzgebiet untersucht. Hier sind vor allem Holzeinschlag, die Herstellung von Holzkohle und die Einführung von Kulturpflanzungen in den niedriger gelegenen Zonen des Schutzgebietes zu nennen1. Ein weiteres Problem ist die Einführung von Pflanzen aus anderen Kontinenten wie hier im Schutzgebiet der Ipil-ipil-Baum (Leucaena leucocephala), der die ursprüngliche Vegetation am Rand des Reservates verdrängt.

Als Ergebnis der Studien wird ein Managementplan vorgeschlagen mit dem Ziel die negativen Auswirkungen auf die Biodiversität des Reservates zu reduzieren. Das Gebiet, das vorher direkt dem kubanischen Umweltministerium unterstellt war, wurde in diesem Zuge der direkten Verwaltung und Betreuung durch BIOECO übergeben. Mit seinen pädagogischen, wissenschaftlichen und technischen Mitarbeitern vor Ort soll der anthropogene Druck auf das Schutzgebiet spürbar gemindert werden und dem Ökosystem die Möglichkeit zur Regeneration gegeben werden. Bei diesem Prozess spielt die aktive Einbeziehung der Einwohner Siboneys eine zentrale Rolle. Gemeinsam sollen Alternativen zu den sozialen und wirtschaftlichen Problemen gesucht werden, mit denen die Menschen im Gebiet zu konfrontiert waren und sind. Ein weiterer wesentlicher Baustein in diesem Projekt ist, mit Hilfe der Umweltbildung und Aufklärung den anthropogenen Nutzungsdruck auf die natürlichen Ressourcen des Schutzgebietes zu vermindern und den Schutz der einzigartigen Flora und Fauna des Reserva Ecológica zum Anliegen der einheimischen Bevölkerung zu machen. Hier sind Kinder eine wichtige Zielgruppe, die mit Begeisterung ihr neu erworbenes Wissen und ihre Erfahrungen in die Familien tragen.

Ein anderes Beispiel, Umweltbildung in die Bevölkerung zu tragen, findet anlässlich einer alten Tradition statt. Alljährlich wird in Siboney das Fest der Krebse gefeiert, die hier in großer Anzahl zu finden sind. Dieses Fest wird auch genutzt, um die Menschen für den Naturschutz zu sensibilisieren.

Eine weitere Maßnahme ist die Entwicklung eines Programms für eine nachhaltige Tourismus­ent­wicklung in der Reserva Ecológica. Ziel ist es, touristische Angebote im Ort zu stärken und zu diversifizieren. Dabei werden solche Lösungen favorisiert, die sowohl zum Wohle der Kommune Siboney als auch zur Erhaltung der Biodiversität des an die Kommune grenzenden Schutzgebietes sind. Auch hier kooperiert BIOECO mit den lokalen Einrichtungen und Organisationen, die ein Interesse an einer nachhaltigen Entwicklung dieser Region haben. Bei der Planung und Durchführung von neuen Angeboten sollen die Einwohner Siboneys aktiv einbezogen werden und ihnen vermittelt werden, dass dies längerfristig dazu beiträgt, ihren Lebensstandard und ihre Lebensqualität zu verbessern. Die Einwohner können sich durch den Tourismus neue Einnahmequellen und Betätigungsbereiche erschließen. Dies könnte eine Grundlage sein, die aktuellen Probleme des Gebietes zu lösen.

Die Umsetzung des Managementplans zum Schutz der natürlichen Ressourcen im Reservat wird jedoch  erschwert durch den Mangel an Sachmitteln wie z.B. PCs, Drucker, Büromaterial, Papier zum Verteilen von Informationsmaterial für die Umweltbildung, Sachmittel für die Umweltbildung sowie
Räumlichkeiten zur Durchführung von Umweltbildungsmaßnahmen für die Einwohner, Studenten sowie Gäste sowie für die Verwaltung und wissenschaftliche und umweltpädagogische Arbeit im Reservat
Transportmittel zur Verbesserung des Versorgungsniveaus und der Qualität der Dienstleistungen im Schutzgebiet und der angrenzenden Kommune
Mittel zur Entwicklung des Gebietes für ökotouristische Angebote wie Radtouren, Wandern, Beschilderungen der Schutzgebietsgrenzen.

Als zwei BUND Mitglieder 2001 den Südosten Kubas besuchten und in Santiago de Cuba die engagierten Mitarbeiter von BIOECO kennen lernten,  haben sie sich deshalb nach einer Exkursion in die Schutzgebiete von Siboney-Juticí sowie Gran Piedra (etwa 30 km entfernt von Siboney landeinwärts in den Bergen) sich vorgenommen, das Projekt ideel und materiell zu unterstützten. Und da der BUND Region Hannover im Fledermausschutz seit sehr langer Zeit sehr aktiv und erfahren ist, lag es nahe, einen Projektbaustein zu unterstützen, mit dem sich der BUND identifizieren kann.

Umweltbildung im Schutzgebiet

Die Umweltbildung findet im Schutzgebiet sowohl in den öffentlichen Einrichtungen im Ort statt als auch in der Ökologischen Station in Siboney. Der Leiter der Abteilung Areas Protégidas von BIOECO, Arturo Salméron López, ist ehrenamtlich auch in der Umweltbildung mit einer Freiwilligengruppe von kleinen Naturforschern aktiv.

Foto links: Hier fahren sie von Santiago de Cuba nach Siboney.

Die Kinder und Jugendlichen aus Siboney werden zu dem früher zu Freizeitzwecken benutzten Eingangsbereich der Cueva Atabex eingeladen, um dort einem Puppenspiel zuzuschauen. Die Geschichte handelt von einem Kind, dass sich zunächst wenig freundlich gegenüber den Tieren im Schutzgebiet verhält und sich vor Fledermäusen gruselt, sich dann aber mit ihr befreundet. Mit dabei eine Leguanhandpuppe, eine Fledermaus und die Puppenmutter.

Die jungen Zuschauer sind begeistert und dürfen anschließend selbst mit ihren Händen in die Handpuppen schlüpfen. Einige Kinder tragen Gedichte oder Lieder vor, bevor zum Abschluss alle von den Mitarbeitern von BIOECO mit einem Brötchen und Getränken verpflegt werden.

Umweltbildung im Muséo Tomás Romay

Das Museum im Herzen von Sanitago de Cuba ist Anlaufstelle für Schulklassen und Kindergruppen. Auch hier werden Vorstellungen mit dem Puppentheater bei besonderen Anlässen gegeben und die Kinder sind begeistert. Für die Beantwortung von Fragen gibt es auch kleine Preise.

Die Umweltpädagogen besuchen aber vor allem Schulen und andere soziale Einrichtungen mit Fledermaus, Leguan und Co.

Download Broschüre "Naturschutzgebiet Siboney-Juticí bei Santiago de Cuba in Südostkuba"

Download Broschüre "Phyllonycteris poeyi – eine einzigartige, in Kuba endemische, blütenbesuchende Fledermausart"

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"El Área Natural protegida Siboney-Juticí en el Oriente de Cuba"

Español Download "Phyllonycteris poeyi - una especie endémica de murciélagos en Cuba"

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